Auch heute wieder eine kleine Leseprobe aus meinem Anfang März erscheinenden Roman „Diva Italiana“.
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3.
Ich stand gefühlt seit Stunden auf dem Balkon der Wohnung und blickte fasziniert auf Rom. Dieses Häusermeer, Dächer, Dachgärten, antike Bauwerke, all das erschlug mich fast, so schön war der Anblick. Ich hätte mir eine Flasche Wein gewünscht, um das alles noch mehr zu genießen, aber noch gab es weder Getränke hier oder gar etwas zu essen.
Das Gespräch mit Frank war kurz gewesen, er wollte noch heute zurück nach Frankfurt fliegen, wegen irgendwelcher wichtiger Termine. In Wirklichkeit graute ihm nur davor, den Abend mit mir in einem Restaurant verbringen zu müssen, weil er genau wusste, dass ich irgendwann wieder mit der alten Geschichte anfangen würde, von Monika, von unserer Scheidung und vielem mehr.
So war seine Ansage kurz und knapp gewesen. Es sei meine letzte Chance, den Vertrag mit dem Verlag nicht zu verlieren. »Schreib einen Liebesroman, zieh alle Register, verstehst du? Keine Dramen, nichts Trauriges, nur Zuckerwatte, rosarote Brillen und Himmel voller Geigen, klar?«
Es widerte mich an, nur daran zu denken, so einen Schwachsinn zu schreiben, aber ich hatte nur genickt und versprochen, genau das zu tun.
Der Alte, der uns hereingelassen hatte, war der Hausmeister, Corrado Salerno, der mit seiner Frau das Erdgeschoss bewohnte. Er hatte mir die kleine Wohnung in einer Ausführlichkeit präsentiert, wie es nur Italiener mit sehr viel Zeit und Liebe können. Frank war fast verrückt geworden dabei und mittendrin einfach abgerauscht. Corrado war ein Original. Er hatte sein Leben lang nichts anderes gemacht, als sich um das Haus und seine Bewohner zu kümmern. Ich mochte Menschen wie ihn, die im Gegensatz zu mir eine Beständigkeit für sich gefunden hatten, die ihnen die Ruhe gab, Dinge und Situationen entspannt und gelassen anzugehen. Einen Moment hatte er seinen Redefluss unterbrochen und mich prüfend angesehen. Recht kurz nur, aber mir war klar, dass ihm diese paar Sekunden genügt hatten, um alles über mich zu wissen.
Die Wohnung war schön, anders als ich es erwartet hatte. Ich war auf ein dreckiges Loch gefasst gewesen, mit Blick in einen Hinterhof und Mülltonnen, aber sie lag ganz oben, war hell und die Dachschrägen gaben ihr eine ganz besonders gemütliche Note. Das Schlafzimmer war klein, ein Bett, eine Kommode, der Kleiderschrank war in die Diele ausgewichen, aber das war in Ordnung. Das Wohnzimmer war dagegen fast schon riesig, bestimmt knapp fünfzig Quadratmeter, mit einer kleinen Küchenzeile und einer Wand, die nur aus Glas bestand und in der auch die Terrassentüre war, die auf den Balkon führte.
Obwohl ich nicht vorhatte zu schreiben, egal was Frank oder der Verlag von mir erwarteten, zog mich der Schreibtisch magisch an. Er war alt, aus massivem Holz, die Tischplatte war voller Kerben und verkratzt. Links und rechts gab es einige Schubladen und der Stuhl davor war ein Wallstreet-Klassiker. Ein Chefsessel aus Holz, mit einer Bespannung aus dunklem roten Leder. Ich strich über die Tischplatte, befühlte die lederne Sitzfläche, zog die Schubladen auf und schließlich setzte ich mich. Ich konnte über die niedrige Brüstung des Balkons weiterhin die Dächer sehen, und probeweise tippte ich auf einer imaginären Schreibmaschine und rief mich dann zur Ordnung. Ich würde nicht schreiben. Ich würde nie mehr schreiben. Ich konnte es nicht, so oft ich es auch versucht hatte, ich konnte seit der endgültigen Trennung von Monika keinen ganzen Satz mehr zu Papier bringen – nur ahnte das außer mir bis jetzt noch niemand.
Diva Italiana ist hier erhältlich:
-> Taschenbuch
-> ebook
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Foto: (c) shuterstock